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Pressemitteilung vom 24.11.2023

MIA verurteilt die Entscheidung des Bundestags, Moldau als sicheren Herkunftsstaat einzustufen. Dort ist die Sicherheit von Roma auf keinerlei Weise garantiert

 

Am 16. November 2023 hat der Bundestag mit einer breiten Mehrheit die Republik Moldau und Georgien asylrechtlich zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt. Stimmt der Bundesrat ebenfalls zu, können Asylbewerber_innen aus den beiden Ländern künftig einfacher abgeschoben werden. Denn der Asylantrag von Menschen aus einem sogenannten „sicheren Herkunftsstaat“ wird in der Regel als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt.

Zahlreiche Berichte[1] belegen, dass Roma in Moldau stark benachteiligt werden. Diese Benachteiligung ist Folge eines tiefverwurzelten Antiziganismus. Roma werden in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Arbeit und Wohnen sowie im Umgang mit der öffentlichen Verwaltung und der Polizei systematisch diskriminiert. Roma werden sehr häufig Opfer von gewaltsamem Antiziganismus. Diese Umstände schaffen eine dauerhafte Gefährdung für die Wahrung der Menschenrechte von Roma in Moldau.

Trotzdem wird die systematische Diskriminierung der ethnischen Minderheit im deutschen Asylrecht nicht als Fluchtursache anerkannt. D.h. asylsuchende Moldauer_innen werden überdurchschnittlich schnell abgelehnt.

Die Melde- und Informationsstelle Antiziganismus MIA bewertet die Einstufung Moldau als sicheres Herkunftsland als unverantwortlich, denn die Sicherheit von Roma in Moldau ist nicht gewährleistet.

Auf der Webseite der Bundesregierung steht: „Deutschland wird dadurch als Zielland für aus nicht asylrelevanten Motiven gestellte Asylanträge weniger attraktiv. Bund, Länder und Kommunen werden entlastet. Für die wirklich schutzbedürftigen Asylsuchenden stehen mehr Kapazitäten zur Verfügung.“[2]

Im Jahr 2022 gab es 5218 Asylanträge von moldauischen Staatsangehörigen in Deutschland. Das sind 2% aller in Deutschland gestellten Asylanträge.[3] Diese Maßnahme wird kaum Auswirkung auf die Gesamtzahl der ankommenden Geflüchteten haben und steht beispielhaft für populistische Symbolpolitik auf Kosten flüchtender Roma.

Die Lösung für eine Entlastung der Länder und Kommunen kann nicht sein, mehr schutzbedürftige Flüchtlinge leichter abzuschieben. MIA fordert Bund und Länder auf, eine Migrationspolitik umzusetzen, die tatsächlich die Kommunen bei der Aufnahme unterstützt, beispielsweise mit mehr Personalausstattung, statt den gesamtgesellschaftlichen Rechtsruck aktiv mit zu befördern.

Schließlich weisen wir darauf hin, dass schon 2021 die von der Bundesregierung eingesetzte Unabhängige Kommission Antiziganismus (UKA) die Anerkennung der besonderen Schutzbedürftigkeit von Rom­a gefordert hatte. Die vorgenommene Maßnahme steht auch in direktem Widerspruch zu den Empfehlungen der UKA.

MIA lehnt grundsätzlich alle Abschiebungen von Roma nach Moldau ab und fordert die Schaffung von gesicherten Aufenthaltsmöglichkeiten für in Deutschland schutzsuchende Roma sowie effektive Maßnahmen gegen Antiziganismus und zur Unterstützung von Betroffenen. Dabei verweisen wir auch explizit auf die historische Verantwortung Deutschlands für den Schutz von Sinti und Roma, die im Nationalsozialismus verfolgt und ermordet wurden.

 

 

[1] Pro Asyl: Diskriminiert und Abgelehnt – Zur Situation schutzsuchender Rom*nja aus der Republik Moldau, https://www.proasyl.de/material/diskriminiertundabgelehnt-situationschutzsuchenderromnja/ Abgerufen am: 21.11.23
U.S. Department of State: 2022 Country Reports on Human Rights Practices: Moldova, Moldova – United States Department of State Abgerufen am: 21.11.23
[2] Die Bundesregierung: Republik Moldau und Georgien sollen sichere Herkunftsstaaten werden, Georgien und Republik Moldau sollen sichere Herkunftsstaaten werden | Bundesregierung  Abgerufen am 21.11.23
[3] Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Asylgeschäftsstatistik (01-12/22) , https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Statistik/Asylgeschaeftsstatistik/hkl-antrags-entscheidungs-bestandsstatistikl-kumuliert-2022.html Abgerufen am 21.11.23